#28 - 39 Bakterien assoziiert mit molekularen Mechanismen für Erkrankungen
Krankheitsverursachende Mechanismen eines dysbiotischen Mikrobioms:
- pathogene Darmbakterien verursachen Diarrhö und schwere Erkrankungen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen
- Lipopolysaccharid-(LPS)-tragende gramnegative Bakterien lösen Entzündungsreaktionen aus
- pathogene Keime können krankheitsverursachende Enterotoxine bilden
- Trimethylamin-TMA-produzierende Bakterien scheiden TMA ab, welches in den Organen zum toxischen Metaboliten Trimethylaminoxid (TMAO) umgewandelt wird
- bestimmte Bakterienarten verstoffwechseln Metaboliten zu toxischen Produkten (delta Valerobetain, Imidazolpropionat)
- manche Bakterien bilden den Gewebsbotenstoff Stickstoffmonoxid (NO)
- gewisse Bakterien produzieren vermehrt reaktive Sauerstoffspezies (reactive oxygen species, ROS) und somit oxidativen Stress für die Zellen des Darmtrakts
- Phenol-Verbindungen metabolisierende Bakterien produzieren toxische Metaboliten (p-Kresol, Phenylacetat, Phenyllaktat)
- Wasserstoff-H2- und Methan-produzierende Bakterien verursachen Bauchbeschwerden
- Sulfat-reduzierende Bakterien bilden toxischen Schwefelwasserstoff (H2S)
Pathogene Bakterien
Pathogene Bakterien können obligat pathogen, fakultativ pathogen oder apathogen (krankheitserregend nur bei stark beeinträchtigtem Immunsystem) sein. Krank machende Darmbakterien können zu Durchfällen und Erbrechen ("Magen-Darm-Grippe"-Gastroenteritis) führen, wobei die unterliegenden Mechanismen höchst unterschiedlich sind. Sie können toxische/zytolytische Peptide sezernieren oder die gesunde Mikrobiota überwachsen, indem sie die vorhandenen Karbon- bzw. Nitrogenressourcen und positiven Wachstumsfaktoren verwenden, um sich selbst zu vermehren. Der Nachweis einer potentiell pathogenen Erregerart im Stuhl sagt deshalb zunächst nichts über eine vorliegende Pathogenität aus. Wenn ein solcher erfolgt ist und klinische Symptome vorliegen, muss das Ergebnis bestätigt und ein Nachweis über die Toxizität (Toxin-/Gennachweis) geführt werden
Potentiell pathogene Darmbakterien (Diarrhö)
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Potentiell pathogene Darmbakterien (inkl. Diarrhöe)
Krankheitserreger bestehen aus einer Vielzahl von Arten, beispielsweise Shigella-Arten (Shigella spp.) umfassen Shigella sonnei, Shigella flexneri, Shigella boydii und Shigella dysenteriae. In dieser Tabelle werden folgende Erreger angezeigt: Acinetobacter baumannii, Aeromonas spp., Bacillus cereus, Campylobacter jejuni, Clostridium difficile, Clostridium chauvoei, Clostridium perfringens, Clostridium septicum, Clostridium sordellii, Escherichia coli, Fusobacterium nucleatum, Helicobacter pylori,Klebsiella spp., Mycobacterium spp., Plesiomonas shigelloides, Proteus spp., Pseudomonas aeruginosa, Salmonella enterica, Shigella spp., Staphylococcus aureus, Vibrio cholerae, Vibrio parahemolyticus, Yersinia enterocolitica, Yersinia spp., Yokenella regensburgei. Wenn ein Erreger nicht nachgewiesen wird, wird er nicht aufgeführt. Einige pathogene Bakterien werden normalerweise bei manchen Menschen in geringen (harmlosen)Konzentrationen gefunden. Wenn ein Erreger in der Probe in geringer Konzentration gefunden wurde, der häufig auch in der gesunden Population vorkommt, dann wird der typicscherweise niedrege Messwert in der Tabelle angegeben.
Lipopolysaccharid (LPS)-tragende Bakterien
Lipopolysaccharide (LPS) sind in der äußeren Membranhülle von gramnegativen Bakterien enthalten und werden bei deren Zerfall freigesetzt. Sie schützen vor der antibakteriellen Wirkung von Gallensalzen und bestimmten lipophilen Antibiotika. LPS werden vom nativen Immunsystem als fremde bakterielle Infektion erkannt (microbe-associated molecular patterns; MAMPs). Sie aktivieren die Toll-like Rezeptoren (TLRs), die typischerweise eine Entzündung und eine starke Immunantwort hervorrufen können. Alternativ sind auch Wirkmechanismen über die C-Typ-Lektin-Rezeptoren bekannt. LPS sind ein bekannter Risikofaktor für subklinische Entzündungsherde, den durchlässigen Darm, Organschädigungen und in seltenen Fällen Septikämie (Blutvergiftung).
Lipopolysaccharid-enthaltende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Peptidtoxin-produzierende Bakterien
Unter Virulenzfaktoren versteht man Eigenschaften von Bakterien, welche krankheitswirkende Eigenschaften verstärken. Diese beruhen auf biochemisch und physiologisch vollkommen unterschiedlichen Mechanismen. Für Darmbakterien zu nennen wären Adhäsine (fördern Biofilme), Antiphagozytosefaktoren, Invasionsfaktoren und Endo-/bzw. Exotoxine. Enterotoxine sind oft Enzyme (Fragilysin, Bacteroides fragilis), aber auch manche bakterielle Metaboliten (Colibactin, Escherichia coli; Tilivallin, Klebsiella oxytoca). Wenn im Darmmikrobiom bekannt Virulenzfaktoren-produzierende Arten im Vergleich zum Referenzkollektiv stark vermehrt auftreten, werden diese markiert und können mit weiteren Tests auf ihre Expressivität untersucht werden.
#30 Virulenzfaktoren / Peptidtoxin-abscheidende Bakterien
B.fragilis (Toxin) abscheidende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
CagA Onkogen abscheidende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Colibactin abscheidende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Cytolethal distending toxins abscheidende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
FadA, Fap2 abscheidende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Metalloprotease abscheidende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Pil3 pilus abscheidende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Putative cell wall-binding repeat 2 (PCWBR2 protein) abscheidende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Tilivallin abscheidende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Typhoid toxin (TT) abscheidende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Vakuolisierendes Cytotoxin (VacA) abscheidende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Metabolische Toxine sezernierende Bakterien
Trimethylamin (TMA)/Trimethylaminoxid (TMAO)
Nach der Aufnahme von Phosphatidylcholin, Cholin, Lecithin und Carnitin, welche sich vor allem im Fleisch und in Hühnereiern befinden*, bildet sich die Substanz Trimethylamin (TMA) als Stoffwechselprodukt der Mikrobiota im Darm. TMA-produzierende Bakterien treten vermehrt bei Menschen mit erhöhtem Nahrungsmittelanteil an tierischen Produkten auf (Enterotyp 1), während deren relative Anzahl bei Vegetariern und Veganern verringert ist. Daraus resultiert teilweise das bekannte gesündere Leben bei Personen, die auf Fleischkonsum verzichten. Die Darmwand resorbiert das produzierte Trimethylamin und über den Blutstrom gelangt die Substanz in die Leber, wo Flavin-haltige Monooxygenasen (FMO3) das TMA zu Trimethylamin-N-oxid (TMAO) umwandeln. Der TMAO-Blutspiegel ist beim Menschen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, besonders Herzinfarkt und Schlaganfall assoziiert. TMAO hat pro-arteriosklerotische Eigenschaften und steigert die Konzentration des sogenannten Makrophagen-spezifischen Cholesterins und die Bildung von Schaumzellen in der Gefäßwand. Darüber hinaus steigert TMAO die Plättchen-Aktivität. Im Gegensatz dazu schützt die verminderte TMAO-Produktion bei Vegetariern und Veganern auch deren Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen.
*Diätetische Vorstufen von TMA/TMAO
- Cholin: Eier, Fisch, Meeresfrüchte, Leber, Rind- und Schweinefleisch, Geflügel, Körner, Milch, Sojabohnen, Kartoffel
- Phosphatidylcholin: Eier, Milchprodukte, Fleisch
- Betain: Krustentiere, Weizen, Rüben, Spinat, Fisch, Bohnen
- L-Carnitin: rotes Fleisch, Fisch, Geflügel, Milch
delta-Valerobetain
Delta-Valerobetain ist ein Vorläufermolekül von Trimethylamin (TMA). In in vitro Experimenten reduziert das Molekül die mitochondriale Fettsäuren-Oxidation und fördert die Anhäufung von Fett im Gewebe. Es kommt vermehrt bei übergewichtigen Personen vor und wirkt als sogenanntes Obesogen.
Imidazolpropionat
Imidazolpropionat (Imp) entsteht als bakterielles Stoffwechselprodukt aus der Aminosäure Histidin im Darm, welches unter anderem die Insulin-Signaltransduktion und den Glukosemetabolismus beeinträchtigt. Das intestinale Mikrobiom Enterotyp 2 Bacteroides mit assoziierten Arten wie Adlercreutzia equolifaciens, Bacteroides vulgatus, Clostridioides boltae, Clostridioides symbiosum, Eggerthella lenta, Ruminococcus gnavus oder Streptococcus mutans produziert Imp, welches im Serum von Patienten mit Diabetes Typ 2, Atherosklerose und Herzinsuffizienz oft erhöht vorkommt.
Stickstoffmonoxid (NO)
Nitratreiche Lebensmittel (verarbeitete Fleischprodukte, Wurst, Fischkonserven, Käsesorten, Wasser) können vom Darmmikrobiom zu Nitriten umgewandelt werden und Stickstoffmonoxid (NO) freisetzen. Dieses Molekül wirkt im Körpergewebe als sogenannter Gasotransmitter, das sind gasförmige Stoffe die sich über Diffusionsvorgänge verbreiten und die interzelluläre Kommunikation steuern können. Stickstoffmonoxid relaxiert die glatten Muskelzellen entlang der Endothelien von Gefäßen. Die resultierende Gefäßerweiterung erhöht den Blutfluss. Eine gestörte NO-Homöostase ist charakteristisch bei erhöhtem Blutdruck, bei Atherosklerose und für Diabetiker. Zusätzlich können vermehrt Nitrosierungen von chemischen Substanzen und Proteinen stattfinden. Besonders aktiv in diesem Zusammenhang sind die Bakterienarten Bacillus subtilis (bakterielle Stickstoffmonoxid-Synthase, bNOS ), Bifidobakterium spp, Lactobacillus spp. (Nitritreduktase) und Bacteroides vulgatus (dissimilatory nitrate reduction to ammonium, DNRA).
reaktive Sauerstoffspezies (reactive oxygen species, ROS)
Zu den reaktiven Sauerstoffspezies (ROS), vereinfacht freie Sauerstoffradikale mit mindestens einem ungepaarten Elektron im äußersten Orbital, gehören hochreaktive Moleküle wie das Hyperoxid Anion O2·− oder das Hydroxyl Radikal OH. Sie entstehen während der Atmungskette in den Zellen der Gewebe, werden aber auch vermehrt durch eine dysbiotische Darmmikrobiota erzeugt. Oxidativer Stress führt zu Entzündungen, Erkrankungsrisiken des Herz-Kreislaufsystems, zu Diabetes oder Krebs. Das bakterielle Artenspektrum des Dickdarms korreliert mit dem REDOX (Reduktions-Oxidations-Reaktion) Äquilibrium, welches vor allem auch die Funktionalität des Immunsystems beeinflusst.
Phenolverbindungen (Phenol, p-Kresol)
Darmbakterien metabolisieren zahllose Substanzen, wobei in vielen Fällen genotoxische und karzinogene Verbindungen entstehen können. Vor allem der Abbau von den Aminosäuren Tyrosin und Phenylalanin durch Darmbakterien ist am Besten untersucht. Dabei werden die bekannten toxischen Phenolverbindungen p-Kresol, 4-Hydroxyphenylacetat, Phenylacetat und Phenyllaktat gebildet, die im Verdacht stehen an Prozessen der Nierenkarzinogenese teilzuhaben.
#31 Trimethylamin (TMA)-produzierende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
#32 delta-Valerobetain-sezemierende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
#33 Imidazolpropionat-produzierende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
#34 Stickstoffmonoxid (NO)-abscheidende Bakterien
bNOS produzierende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Nitritreduktase produzierende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
DNRA produzierende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
#35 Reaktive Sauerstoffspezies (ROS) produzierende Bakterien
Bakterien, welche pro-oxidativ wirken
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Bakterien, welche anti-oxidativ wirken
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
#36 Phenolverbindungen-produzierende Bakterien
Bakterien, die Phenol produzieren
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Bakterien, die p-Kresol produzieren
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Bakterien, die 4-HPA produzieren
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Bakterien, die 4-HPPA produzieren
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Bakterien, die Phenylacetat produzieren
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Bakterien, die Phenyllaktat produzieren
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Gas-produzierende Bakterien (H2, CH4, H2S)
Pathogene Bakterien können obligat pathogen, fakultativ pathogen oder apathogen (krankheitserregend nur bei stark beeinträchtigtem Immunsystem) sein. Krank machende Darmbakterien können zu Durchfällen und Erbrechen ("Magen-Darm-Grippe"-Gastroenteritis) führen, wobei die unterliegenden Mechanismen höchst unterschiedlich sind. Sie können toxische/zytolytische Peptide sezernieren oder die gesunde Mikrobiota überwachsen, indem sie die vorhandenen Karbon- bzw. Nitrogenressourcen und positiven Wachstumsfaktoren verwenden, um sich selbst zu vermehren. Der Nachweis einer potentiell pathogenen Erregerart im Stuhl sagt deshalb zunächst nichts über eine vorliegende Pathogenität aus. Wenn ein solcher erfolgt ist und klinische Symptome vorliegen, muss das Ergebnis bestätigt und ein Nachweis über die Toxizität (Toxin-/Gennachweis) geführt werden.
#37 Methan CH4 - produzierende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
#38 Wasserstoff H2-produzierende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
#39 Sulfat H2S-reduzierende Bakterien
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt