Einfluss Umwelt/Lebensstil auf Schlüsselarten des intestinalen Mikrobioms
Einen großen Einfluss auf die Komposition Ihres intestinalen Mikrobioms üben die Umwelt und Ihr Lebensstil aus. Für alle diese variablen Bereiche liegen umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen vor, die wir in den folgenden Unterpunkten behandeln. Eine Erhöhung der physischen Aktivität, eine Reduzierung der Ausschüttung von Stresshormonen, das Aussetzen von Kontakt mit toxischen Umweltchemikalien oder das Absetzen von Zigaretten- und Alkoholkonsum beeinflussen das Darmmikrobiom positiv. Der Embryo lebt steril in der Fruchtblase der Mutter, erst durch den Kontakt mit Mikrobiota im Geburtskanal und in weiterer Folge durch Hautberührungen, entwickelt sich das individuelle Mikrobiom. In den folgenden Tabellen sind Ihre Bakterien mit Referenzwerten für eine jeweilige spezifische Eigenschaft dokumentiert.
Geschlecht
- Der Einfluss von Geschlechtshormonen (Östrogen, Testosteron) auf das Artenspektrum des intestinalen Mikrobioms wurde beschrieben. Es befinden sich Östrogenrezeptoren auf den Darmzellen und können deren Aktivität ändern.
- Männer verfügen allgemein vermehrt über die Gattungen Prevotella, Fusobacterium, Megasphaera und Megamonas; Frauen über Akkermansia und Ruminococcus; die alpha-Diversität ist im Durchschnitt bei Frauen erhöht
#2AA männlich
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
#2AB weiblich
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Geburt natürlich
- Natürliche Geburt durch den Geburtskanal, Mutter überträgt über Schleimhäute Bakterien auf das Neugeborene
- Höhere Konzentration von Bifidobakterien, Lactobacillen und Bacteroides; mehr Artenvielfalt; die gesunde intestinale Mikrobiota setzt sich bis ins Erwachsenenalter fort
#2B
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Geburt Kaiserschnitt
- Kaiserschnitt in Krankenhausumgebung
- vermehrt Bakterien der mütterlichen Haut und der Spitalsumgebung (Staphylococcus, Streptococcus, Clostridioides), geringere Artenvielfalt, Risiko für Adipositas, Autoimmunerkrankungen und Darmentzündungen steigt
#2C
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Menopause
- Reduktion der Hormone Östrogen und Progesteron beeinflussen das Artenspektrum, Umstellung des Organismus auf die reduzierte Hormonverfügbarkeit inkl. Begeleiterscheinungen
- Eine selektive Mikrobiota kann Östrogene enzymatisch "dekonjugieren" und der enterohepatischen Zirkulation wieder zuführen (Östrobolom); Osteoporose-Risko, wenn Romboutsia, Mollicutes und Weissella erniedrigt und Fusicatenibacter, Lachnoclostridium und Megamonas erhöht sind
#2D
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Alter
- Das Grundmuster des intestinalen Mikrobioms durchläuft drei wesentliche Umgestaltungsphasen (feste Nahrung ab ungefähr 3 Jahren, Pubertät und Altersphase), wobei ein Kernmikrobiom erhalten bleibt
- reduzierte Artenvielfalt; Arten, die mit Erkrankungen assoziiert sind, treten gehäuft auf; Arten der Bakterienstämme Actinobacteria, Pseudomonadota und Verrucomicrobia sind erhöht
#2E
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Gesundes/Ungesundes Altern
- Gesundes Altern: körperliche Aktivität, gesunde Diät, langsamer kognitiver Abbau, Langlebigkeit
- Das Artenspektrum bleibt weitgehend erhalten und wirkt sich positiv auf den allgemeinen Gesundheitszustand aus
- Ungesundes Altern: Übergewicht, keine sportliche Aktivität, Gebrechlichkeit, Entzündungen, kardiovaskuläre Erkrankungen, Altersdiabetes, Osteoporose, Medikamente
- Assoziiert mit einer Erhöhung spezifischer Darmbakterienarten und Verschlechterung des Zustands, Inaktivierung von Medikamenten durch falsche Mikrobiota ist möglich
#2FA Gesundes Altern
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
#2FB Ungesundes Altern
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Langlebigkeit
- Sehr alte Menschen (über 90 Jahre) verfügen über eine einzigartige Bakterienkomposition, die mit dem Anstieg des Lebensalters korreliert
- Im Vergleich zum Normalfall eine erhöhte Artenvielfalt, das Immunsystem stärkende Bakterienarten, entzündungshemmende Bakterien, Gallensäuren-metabolisierende Bakterien ( iso-, 3-oxo-, und isoallo-Lithocholsäuren; LCA) wurden bei einhundertjährigen Menschen nachgewiesen
#2G
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Stress
- chronischer Stress wirkt vielfältig auf Magen und Darm, das Stresshormon Cortisol beeinflusst die Bakterien, die Mikrobiota ist mit dem Nervus vagus verbunden und interagiert so direkt mit dem Gehirn
- reduzierte Artenvielfalt, Risiko für einen durchlässigen Darm (leaky gut), fördert Darmentzündungen
#2H
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Sport
- physische Aktivität regt den Stoffwechsel an und erhöht die Durchblutung, vermehrte Ausschüttung von Hormonen (Cortisol, Catecholamine, Epinephrin, Norepinephrine), Ausdauer- bzw. Krafttraining haben je nach Intensität eine unterschiedliche Auswirkung auf das Mikrobiom
- short chain fatty acids (SCFAs)-produzierende Arten und solche mit high impact biological synthases (HIBSs) sind erhöht, Risiko für Endotoxämie sinkt, Insulinsensitivität steigt, je nach dem welcher Energiestoffwechsel vom Körper eingesetzt wird, unterstützen die Mikrobiota mit Ihren Stoffwechselwegen und Metaboliten dessen Effizienz
- spezielle Anforderungen bei Sportarten
- Fahrradfahren (Kohlenhydratmetabolismus, verzweigtkettige Aminosäuren. Mucin-abbauende Bakterien; wichtige Gattungen: Akkermansia, Eubacterium, Methanobrevibacter, Ruminococcus)
- Ballsportler (Mucin-abbauende Bakterien, Phenylalanin-Metabolismus, Kreatinin-Kinase, Bilirubin-Metabolismus; Akkermansia, Erysipelotrichaceae)
- Ausdauersportarten (Kohlenhydratmetabolismus, Butyrat-Produzenten, primäre Gallensäuren Biosynthese. Kreatinin und Bilirubin Metabolismus; Aktinobakterien, Dorea, Roseburia, Subdoligranulum)
- Marathon (Kohlenhydratmetabolismus, Laktat-Metabolismus; Veillonella atypica)
- Gemischte Sportarten (Laktat- und Kreatininmetablismus, Butyrat-Produzenten; Lachnospiraceae, Anaerostipes, Bacteroides, Bifidobacterium, Clostridioides, Lactobacillus, Prevotella, Streptococcus)
#2I
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Rauchen
- Mutter raucht: erhöhtes Risiko für Übergewicht des Neugeborenen zwischen 0 bis 3 Jahre
- Verminderte Artenvielfalt, Risiko für eine intestinale Dysbiose
#2J
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Alkohol
- Leber- (Zirrhose) und neurologische Erkrankungen, reduzierte kognitive Funktionen, veränderte intestinale Mikrobiota
- alpha-Diversität sinkt, gestörte circadiane Rhythmik des Mikrobioms, geschädigte Darmbarriere, Risiko für eine Dysbiose
#2K
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Intestinaler pH-Wert
- ein gesunder Stuhl pH-Wert liegt zwischen 5,5 bis 6,5 im leicht sauren Bereich; beim westlichen Ernährungsstil oder bei Dysbiosen kann der Messwert auch in den leicht alkalischen Bereich auf über 7,0 ansteigen; der pH-Wert beeinflusst das intestinale Artenspektrum
- ein niedriger pH-Wert erhöht die Artenvielfalt; der saure pH-Wert verhindert das übermäßige Wachstum möglicher pathogener Keime und Fäulnisprozesse, wichtige Regulatoren des pH-Milieus sind die short chain fatty acids (SCFAs) bildenden Bakterien
#2LA pH-Wert niedriger
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
#2LB pH-Wert höher
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt
Einfluss von Umweltchemikalien auf das Mikrobiom
- das Darmmikrobiom ist über die Nahrungsaufnahme zahlreichen Umweltgiften (Pestizide, Herbizide, Fungizide, Industriechemikalien, Schwermetalle) ausgesetzt; Chemikalien können direkt auf das Bakterium einwirken oder zu sekundären Metaboliten umgesetzt werden
- die Wechselwirkungen der Umweltchemikalien mit dem intestinalen Mikrobiom sind sehr komplex und Gegenstand der derzeitigen Forschung; als Beispiel dient die Agrarchemikale Glyphosat, die das pflanzliche Enzym 5-Enolpyruvylshikimat-3-Phosphat Synthase (EPSPS) inhibiert, welches auch bei Darmbakterien vorkommen kann (Faecalibacterium prausnitzii, Bacteroides uniformis, Bacteroides vulgatus); die Bakterientabellen werden laufend erweitert und dem Stand der Forschung angepasst
#2M Glyphosat
Bakterien erhöht
Bakterien erniedrigt